WAHLRECHTSREFORM - AMPEL SCHRUMPFT WÄHLERWILLEN UND OPPOSITION

Der Bundestag muss kleiner werden – dieses Ziel eint alle Fraktionen. „Dabei darf aber nicht die Demokratie geschwächt werden“, so Verfassungsjurist Jan-Marco Luczak. Genau das steht aber mit der von der Ampel heute im Bundestag durchgesetzten Wahlrechtsreform zu befürchten. Hauptkritikpunkt ist die Entwertung der Erststimme für den Wahlkreiskandidaten. Selbst wenn dieser seinen Wahlkreis gewinnt, zieht er nicht mehr automatisch in den Bundestag ein, sondern sein Mandat muss auch durch Zweitstimmen gedeckt sein: „Das ist ein schwerwiegender Verstoß gegen das grundlegende, demokratische Organisationsprinzip der Mehrheit. Es ist den Menschen nicht zu vermitteln, dass sie jemanden in den Bundestag wählen, dieser dann aber nicht einziehen darf. Das schwächt die demokratische Rückkopplung an die Wählerinnen und Wähler.“ Fundamentale Kritik gibt es auch gegen das Streichen der sogenannten Grundmandatsklausel. Dies kann dazu führen, dass die CSU überhaupt nicht mehr im Bundestag vertreten ist.

Die Grundmandatsklausel sieht vor, dass eine Partei, die bundesweit nicht fünf Prozent aller Stimmen erzielt, trotzdem gemäß ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einziehen darf, wenn mindestens drei ihrer Abgeordneten ein Direktmandat erringen. Über die Grundmandatsklausel war die Linkspartei bei der letzten Wahl in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen. Sie scheiterte an der 5-Prozent-Hürde, errang aber drei Direktmandate.

Existenziell kann sich das für die CSU auswirken. Diese gewann bei der letzten Bundestagswahl zwar 45 von 46 Wahlkreisen in Bayern, ist dort also tief verwurzelt. Sie übersprang die 5-Prozent-Hürde aber nur knapp mit 5,2 Prozent. Das Wahlrecht der Ampel würde also bei einem leicht schlechteren Abschneiden bedeuten, dass 45 direkt gewählte CSU-Abgeordnete zukünftig nicht mehr im Bundestag vertreten wären. „Damit würde vielen Millionen Menschen, die die CSU wählen, ihr Vertreter im Bundestag genommen. Das ist ein schwerwiegender Verstoß gegen das Repräsentationsprinzip und aus meiner Sicht klar verfassungswidrig“, so Luczak, der weiter konstatiert: „Das Wahlrecht der Ampel zielt nicht so sehr darauf ab, den Bundestag zu schrumpfen. Denn dessen Regelgröße wird sogar von 598 Abgeordneten auf 630 erhöht. Vielmehr geht es darum, die Opposition zu schrumpfen. Es geht um Parteipolitik und Machterhalt und um nichts anderes.“

Auch in Zukunft müsse gelten, dass ein direkt gewählter Abgeordneter auch in den Bundestag einzieht und dass regional tief verwurzelte Parteien nicht aus dem höchsten deutschen Parlament gekegelt werden dürfen. CDU/CSU, Bayern und Thüringen haben bereits Klage gegen das neue Wahlrecht der Ampel vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.